21. Juli 2023

UG-Polaschek: Der Fachkräftemangel ist ein Zeichen unseres überholten Begriffes von Arbeit


Die Unabhängigen im ÖGB fordern anlässlich der AMS-AK-ÖGB Frauen Sommerklausur eine Neudefinition von Arbeit, die Mensch und Umwelt in den Mittelpunkt stellt

„Die Unabhängigen im ÖGB waren bei der diesjährigen von AMS, AK und ÖGB organisierten Frauen Sommerklausur zum Thema “Fachkräftemangel aus Frauensicht” wieder mit erfahrenen sowie interessierten jungen Kolleginnen aus unterschiedlichen betrieblichen Hintergründen stark vertreten“, freut sich die Vorsitzende Marion Polaschek.

Inputs aus aktuellen Studien zum Thema “Weiblich-Arbeitslos-Entmutigt” (SORA) und zu „Frauen und Demographie“ (WIFO) zeigten einmal mehr, wie sehr die Themen fehlende Kinderbetreuung und kulturelle Zuschreibung von angeblich “typischen” Frauenaufgaben noch immer unsere Gesellschaft und somit auch den Arbeitsalltag prägen und die Chancen von Frauen auf selbstbestimmte, gesunde und angemessen entlohnte Arbeit gravierend einschränken.

Aus den Präsentationen der AMS-FiT Studie, dem Erfahrungsbericht des Vereins Sprungbrett und den anschließenden Diskussionen wurde deutlich sichtbar, dass es neben kurzfristigen, individuellen Maßnahmen mehr denn je dringend strukturelle Umbauten braucht.

„Dass wir Frauen weiterhin als sogenannte ’stille Reserve‘ für einen hausgemachten Fachkräftemangel in einem neoliberal geprägten Wirtschaftssystem betrachtet werden und wie selbstverständlich vorausgesetzt wird, dass wir Doppelbelastung, Geringschätzung und Unterentlohnung stillschweigend akzeptieren, ist an Zynismus kaum mehr zu überbieten“, zeigt sich Marion Polaschek verärgert und meint: „Es genügt nicht mehr, sich im Klein-Klein des nationalen Arbeitsmarktes zu verzetteln. Unternehmen sind schon längst globalisiert und werden ihre Profitmaximierung auf Kosten von beschäftigten Menschen und Umweltressourcen nicht freiwillig aufgeben. Es geht nicht an, dass von den Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft in Kauf genommen wird, dass bereits vor Ort befindlichen Arbeitskräften Unterstützung und Qualität fehlt und Ressourcen verschwendet werden, jedoch gleichzeitig darauf gesetzt wird, Menschen aus anderen Erdteilen als billige Arbeitskräfte und Rohstoffe über fragliche Abkommen zu importieren,“ daher fordert sie: „Hier müssen wir Gewerkschafter:innen vehement und stark auf Maßnahmen drängen, die dieses Mensch und Natur ausbeutende Verhalten endgültig und nachhaltig beenden.“

Sie stellt klar: „Wir brauchen mutige und radikale Maßnahmen, die strukturell ansetzen, bei uns hier in Österreich und Europa, aber auch weltweit“, und sie ergänzt: „Eine Verkürzung der Erwerbsarbeit auf mindestens 30 Stunden und eine Verpflichtung von Betrieben ihre angebotene Arbeit als Teil eines nachhaltigen und menschenwürdigen Lebens im Einklang mit allen natürlich Ressourcen auszurichten, würde den Weg für eine völlig neue Definition vom Begriff Arbeit über die bezahlte Erwerbsarbeit hinaus ebnen. Wir müssen endlich zu einem Arbeitsbegriff kommen, der keine frauenfeindlichen oder klassistischen Unterschiede mehr macht, keinen Menschen mehr in die Armut und an die körperlichen Grenzen treibt und unsere Welt nicht an ihre planetaren“.

Aber auch die Geschlechterungerechtigkeit sieht Marion Polaschek als weiterhin ungelöstes Problem und sie appelliert: „Es muss endlich Schluss damit sein, Tätigkeiten und Verantwortungen allein einem Geschlecht zuzuschreiben. Wir brauchen dringend echte Wahlmöglichkeiten und Optionen für das Aufbrechen der klassischen Rollen, zum Beispiel einen Anspruch auf Kinderbetreuung ab Ende des Mutterschutzes und das flächendeckende Angebot an Ganztagsschulen mit entsprechender personeller und finanzieller Ausstattung.“

Die Aufgabe der Unabhängigen sieht sie ganz klar in der konsequenten Arbeit und dem kämpferischen Einsatz im ÖGB, den Gewerkschaften und Arbeiterkammern: „Wir Unabhängigen werden nicht aufhören uns für diese Forderungen nach Veränderung einzusetzen – im Gegenteil, wir müssen es noch schärfer tun“, und sie meint abschließend: „Jede:r ist aufgerufen und eingeladen mitzuwirken sich gewerkschaftlich zu organisieren und zivilgesellschaftlich zu engagieren. Denn darauf warten, dass es andere für dich erledigen, war schon immer zu wenig.“