Unabhängige GewerkschafterInnen und ÖLI-UG zur Regierungsumbildung und anderen Rochaden der ÖVP, zur aktuellen Bildungs- und Budgetpolitik. Eine Ersteinschätzung:
1. Werner Amon bleibt Bildungssprecher und Chef-Verhandler.
Die glücklose Beatrix Karl mit ihrer gesamtschul- und schulreform-offenen Minderheitenposition in der ÖVP verläßt das Wissenschaftsministerium. Damit verliert Unterrichtsministerin Schmied eine Gesprächspartnerin, die allerdings schon Anfang März als ÖVP-Bildungsverhandlerin durch Werner Amon abgelöstworden ist.
2. Finanzstaatssekretär Lopatka nicht mehr Dienstrechtsverhandler.
Grad als BMFin-Verhandler fürs LehrerInnendienst- und Besoldungsrecht nominiert,wechselt Reinhold Lopatka in den Nationalrat, allerdings rückt er nicht auf Kosten des ÖVP-Bildungssprechers Amon nach, sondern statt des Steirers Jochen Pack (Jg. 81, Wirtschaftsbündler). Für die anstehenden Dienstrechtsverhandlungen ist unklar, ob mangels ÖVP-Staatssekretär Ministerin Maria Fekter für das BMFin ins Verhandlungsteam der Regierung gehen wird (dzt. Schmied, Heinisch-Hosek, Lopatka, Amon). Lässt sich Fekter durch einen Beamten vertreten, schwächt das die koalitonäre Verhandlungsposition der Regierung,denn die beiden verbleibenden SPÖ-Ministerinnen haben kein Budgetkompetenz und ein Finanzbeamter kein politisches Mandat.
Für fcg.GÖD und ÖVP würde diese Konstellation verloren geglaubte parteipolitische Spielräume wieder aufmachen. Wie und ob das bei der Vertretung von ArbeitnehmerInnen-/LehrerInneninteressen Vorteile bringen könnte, ist mehr als ungewiss.
3. Schulreformstillstand prolongiert?
fcg.GÖD-Vorsitzender Fritz Neugebauer gibt das Amt des 2.Nationalratspräsidenten nicht an den bei der Regierungsumbildung nicht berücksichtigten Bauernbundpräsidenten Fritz Grillitsch ab. Mit dem Abgang Karls ins Justizressort sind mit Vizekanzler Spindelegger, Bildungssprecher Amon und dem GÖD-Chef nur mehr Bewahrer des differenzierten Schulsystems Ansprechpartner der SPÖ-Bildungsministerin, Schulreformorientierte in der ÖVP und im Wirtschaftsbund haben bis auf weiteres das Nachsehen.
Gestärkt durch die Regierungsbildung sehen sich nicht nur Gesamtschulgegner, sondern auch die Landespartei-Mächtigen in NÖ, OÖ und Tirol. Sie sind in der Dienstrechts- und Verwaltungsreform offen gegen ein gemeinsames Bundes-Dienstrecht aller LehrerInnen, weil das den Landespartei-Einfluss auf die LandeslehrerInnen gefährdet, gegen den Abbau von landesherrlichen Mehrgleisigkeiten und Seilschaften in der Schulverwaltung und gegen das Abgeben von Verantwortung an die dadurch landespartei-unabhängigeren Schulen. Bei der neuen LehrerInnenbildung, bei der es auch um den Landespartei-Einfluss auf die Pädagogischen Hochschulen und LandeslehrerInnen geht, halten sich diese Landeshauptleute noch eher im Hintergrund.
4. Hoffnungsträger Töchterle.
Für Forschende, Lehrende, Studierende und allgemeines Personal der Universitäten ist ihr neuer Minister Karlheinz Töchterle aufgrund seiner als konstruktiv erlebten Rektoratsarbeit in Innsbruck ein Hoffnungskandidat, das gilt auch für die von Schmied und Karl begonnene Neugestaltung einer gemeinsamen universitären LehrerInnen- und PädagogInnenbildung.
Allerdings ist sein Rückhalt in den Bünden und bei den Landeshauptleuten der ÖVP gering und seine Verhandlungsposition mit dem Finanzministerium mit der seiner Vorgängerin vergleichbar. Er ist zwar wie Karl für durch Stipendien sozial abgefederte Studiengebühren, diese seien aber „kein zentrales Thema“ (OÖN-Interview). ÖH, RektorInnenkonferenz und ÖGB werden ihn unterstützen.
5. Krise der ÖVP als Chance.
Die ÖVP will aus ihrem Umfragetief heraus und dazu muss sie ihre Reformbereitschaft unter Beweis stellen und reformorientierte Regierungspolitik auch in der Bildungs- und Verwaltungsreform zulassen. Eine zukunftsorientierte Bildungspolitik braucht aber deutlich mehr Budgetmittel für Wissenschafts- und Bildungsministerium und das geht nicht ohne Abgehen vom Pröll-Faymann Budgetpfad, den die neue Finanzministerin bewacht, aber vielleicht auch überprüfen und nachbessern wird.
Die Unabhängige GewerkschafterInnen der österreichischen LehrerInneninitiative werden sich am Notenverteilen und Parteisudlesen nicht beteiligen. Wir sind keine Besserwisser wie Muppets Sattler und Waldorf, die Bildungspolitik der SPÖ-ÖVP-Koalition ist auch keine Muppetshow zum Zurücklehnen und Zuschauen.
Wie unsere SchülerInnen sind wir vom reformbedürftigen Zustand des Bildungswesens unmittelbar betroffen. Zuschauen und abwarten ist unsere Sache nicht. Vielleicht bringt die Regierungsumbildung Bewegung in die österreichische Innenpolitik.
6. Demokratische Reformen umsetzen – Her mit den Bildungsmilliarden!
In den nächsten Monaten stehen wichtige Entscheidungen über die Zukunft des Bildungswesens an, vom Kindergarten bis zu den Universitäten und zur chronisch vernachlässigten Erwachsenenbildung. Als LehrerInnen arbeiten wir mit unseren SchülerInnen alltäglich in immer noch verkrusteten, unzureichend budgetierten Strukturen. Als ArbeitnehmerInnen sind wir in der GÖD und im ÖGB aktiv für eine kinder- und menschenfreundlichere, eine sozial-integrative, weltoffene und demokratische Schule. Weil Bildung kostet, machen wir auch ihre Finanzierung zum Thema:
Es ist höchste Zeit ist für ein Konjunkturpaket Bildung, Soziales und öffentliche Dienste. Aus diesem Grund unterstützt die ÖLI-UG das auch von der Reformblockade der ÖVP provozierte Bildungsvolksbegehren.
Glück auf!