Österreich ist weiterhin schlecht aufgestellt bei Gehaltsgerechtigkeit und Schutz vor Gewalt
Wien (OTS) – „Mag sein, dass es bei manchen schon Unbehagen auslöst, wenn jährlich der Equal Pay Day offiziell begangen wird, von dem an Frauen bis zum Jahresende gratis erwerbsarbeiten. Denn unbezahlt und oft auch unsichtbar arbeiten sie ohnehin das ganze Jahr über und halten das soziale Gefüge in den Familien und informellen sozialen Strukturen am Laufen“, sagt Marion Polaschek, Vorsitzende der Unabhängigen Gewerkschaftsfraktion im ÖGB, und sie ergänzt: „Heuer kann dieses Unbehagen am 31.10. einsetzen und vielleicht kann es zum Anlass genommen werden, zu begreifen wie viel unbehaglicher erst den Frauen zumute ist, wenn sie wiederum vor Augen geführt bekommen, wie weit die Schere hierzulande noch auseinanderklafft und wie wenig Wert ihrem Einsatz zugesprochen wird, nur weil sie Frauen sind.“
Derzeit liegt der Gender Pay Gap in Österreich laut Arbeiterkammer bei 18,8 % und damit immer noch sehr deutlich über dem EU-Schnitt von 12,7 %. Aber egal wer rechnet und wie gerechten wird, Österreich kommt heuer jedenfalls nicht unter 10 %. Dass das zu hoch und nicht zukunftsträchtig ist, sehen neben den Arbeitnehmervertreter:innen mittlerweile auch große Jobportale und etliche HR-Abteilungen, denn motivierte Frauen die als Fachkräfte händeringend gesucht werden, spricht man damit sicher nicht an und man hält sie so auch nicht in den Betrieben und in vielen Fällen nicht einmal im Land.
„Ich höre und lese immer mehr von Employer-Branding, von Frauen-Empowering Maßnahmen in Unternehmen, auch im öffentlichen Dienst. Doch was nutzt das, wenn sich an den eingefahrenen Strukturen dort nichts ändert“, fragte Marion Polaschek. „Was nutzt es einer Kollegin, wenn sie nach Jahren des Engagements im Einkommensbericht immer noch sieht, dass sie nicht dasselbe verdient, wie ihre männlichen Kollegen oder sie einfach nicht weiterkommt auf ihrem Karriereweg? Was nutzt es, wenn sie ein Personalentwicklungsseminar nach dem anderen absolviert, nur um festzustellen, dass sie die gläserne Decke auch mit noch so viel Training nicht durchstößt, weil es eben auch noch auf ganz viele andere Dinge ankommt, die den Wert einer Tätigkeit bestimmen – Bewusstsein bei Führungskräften zum Beispiel und wirksame strukturelle Maßnahmen, auch solche gegen Gewalt, wie Mobbing oder Diskriminierungen?“
Mit Juni 2023 ist die EU-Lohntransparenzrichtlinie in Kraft getreten. Sie soll die bisher eingesetzten Maßnahmen, wie Einkommensberichte, schärfen. Maßnahmen sollen verpflichtend werden, wenn das Lohngefälle zu hoch ist und endlich sollen Definitionen zur fairen Bewertung von Arbeit erarbeitet werden. Was jetzt dringend gefordert ist, ist eine rasche und ernsthafte Umsetzung auf nationaler Ebene durch die Regierung.
Ebenfalls gibt es die Konvention 190 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), die sich für die ernsthafte Auseinandersetzung mit jeder Form von Gewalt am Arbeitsplatz einsetzt. Österreich hat sie immer noch nicht ratifiziert. Auch das ist ein Armutszeugnis für ein Land, das sogar an der Konventionserstellung aktiv mitgewirkt hat und sich immer wieder mit Gewaltausbrüchen gegen Frauen konfrontiert sieht – gerade auch an Arbeitsplätzen.
„Wir Unabhängigen fordern die faire Bewertung von Arbeit, die über Branchengrenzen hinweg ansetzt, schon sehr lange, ebenso eine Lohntransparenz, die auch wirklich für die Kolleg:innen wirksam wird: Frau soll schon in der Jobausschreibung sehen können, auf welche Ungleichheit sie sich möglicherweise einlässt – oder was das Unternehmen Positives anbietet und durchführt, um Ungleichheit zu verhindern. Und natürlich verlangen wir endlich umfassende Gewaltprävention und Hilfestellungen für Betroffene, die den Namen verdienen“, erklärt Marion Polaschek und sie führt aus: „Unsere Arbeiterkammerfraktion AUGE/UG hat dazu immer wieder Anträge eingebracht und wird das weiter tun – solange, bis die Regierung endlich reagiert und ernsthafte Maßnahmen auf dem Tisch liegen. Und als UG-Gewerkschafter:innen stehen wir in den Betrieben und Dienststellen natürlich allen Betroffenen zur Seite und setzen uns dafür ein, dass diese Ungleichheit und Gewalt nachhaltig aufhören.“
Zum Abschluss merkt sie noch an: „Das tun wir natürlich gerne auch gemeinsam mit anderen Fraktionen, die sich dasselbe Ziel für die Frauen gesetzt haben.“
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