Faire Vermögens- und Kapitalsteuern sind „keine ideologischen Fragen“ sondern „Frage der Pragmatik und leeren Töpfe“.
„Für die Unabhängigen GewerkschafterInnen im ÖGB sind höhere Vermögens- und Kapitalsteuern ‚keine ideologische Frage‘, sondern Fragen der ‚Pragmatik und leerern Töpfe‘, wie es IV und WKÖ in ihrer heutigen Presseaussendung so schön ausdrücken. Privatisierungen, wie sie von IV und WKÖ angestrebt werden, erteilen die Unabhängigen GewerkschafterInnen dagegen eine klare Absage,“ so Markus Koza, Vertreter der Unabhängigen GewerkschafterInnen im ÖGB Bundesvorstand zur heutigen gemeinsamen Pressekonferenz von WKÖ und IV.
Wirtschaft und Industrie verwechseln wieder einmal „Ursache“ und „Wirkung“
„Wieder einmal verwechseln WKÖ und IV Ursache und Wirkung,“ so die Unabhängigen GewerkschafterInnen. „Es gehört ja schon einige Chuzpe dazu, denn Stand der öffentlichen Schulden weitestgehend entkoppelt von der schwersten Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit zu diskutieren, wie das die Interessensvertretungen von Wirtschaft und Industrie tun – als ob es diese Krise nie gegeben hätte,“ kritisiert Koza.
Die Unabhängigen GewerkschafterInnen erinnern daran, dass – laut einer von WKÖ und IV unwidersprochen gebliebenen AK-Studie – der krisenbedingte Schuldenzuwachs von 2008 bis 2010 rund 28 Mrd. Euro beträgt: Bei einem Gesamtschuldenzuwachs von 37,4 Mrd. Euro sind also fast 75 % unmittelbar auf die Krise zurückzuführen – u.a. durch krisenbedingte Ausfälle an Steuereinnahmen, vor allem bei Unternehmens und Kapitalertragssteuern, durch die Bankenrettungspakete, durch Industrie und Wirtschaft stützenden Konjunkturpakete und durch Mehrausgaben bei Arbeitslosigkeit. „Wir erinnern auch daran, dass über den Zeitraum von 2000 bis 2008 zwar Gewinn- und Besitzeinkommen um 56 % gestiegen sind, das Steueraufkommen daraus allerdings nur um 44 %. Im Gegensatz dazu ist die Lohnsteuerleistung der ArbeitnehmerInnen im selben Zeitraum um 47 % gestiegen, die Lohneinkommen allerdings nur um 31 %,“ so der Unabhängige Gewerkschafter Koza.
„Zentrale Gründe für die wachsende Staatsverschuldung liegen damit auf dem Tisch, von zahlreichen Maßnahmen zur Konjunkturbelebung – von der Bankenrettung ohnedies – haben Industrie und einzelne Branchen der Wirtschaft besonders profitiert. Und es besteht keinerlei Bereitschaft, sich an der Bewältigung einer mitverschuldeten Krise zu beteiligen. Im Gegenteil: Ganz offensichtlich wird die Chance gewittert, billig wie nie an bislang öffentliches Eigentum zu gelangen, wenn ein Staat unter Druck privatisieren muss, auf Kosten der Allgemeinheit. Die soll einmal mehr für die Krise zahlen. Das ist schlichtweg eine Provokation,“ kritisiert Koza.
Wirtschaft und Industrie sind herzlich eingeladen sich bei Vermögenssteuern endlich „pragmatisch“ zu zeigen
Auffällig sei immer wieder, dass gerade die selbsternannten „Leistungsträger“ in der Gesellschaft das derzeit bestehende „leistungsfeindliche“ Steuersystem leidenschaftlich verteidigen und sich vehement gegen jede Form von Erb- und Schenkungssteuern, Vermögenszuwachssteuern oder Vermögenssteuern aussprechen. „Erben ist Wohlstandsmehrung ohne eigene Leistung. Vermögenszuwächse aus Wertpapier- oder Immobilienverkäufen sind Wohlstandsgewinne ohne eigenes Zutun. Wer aus der Umwidmung von Grundstücken in Baugründen hohe Vermögenszuwächse erzielt, hat zu diesen nichts geleistet. Industrie und Wirtschaft, die selbsternannten ‚Leistungsträger‘ stehen damit auf Seiten der ‚Nicht-‚ und ‚Minderleister‘, der aufgrund von Abstammung und Herkunft Privilegierten in unserer Gesellschaft. Das widerspricht eigentlich allen liberalen Prinzipien, zu denen sich die beiden Organisationen ja sonst so gerne bekennen, das ist in hohem Maße reaktionär und standesdünklerisch. Hier wäre endlich Pragmatismus statt Ideologie gefragt, eben der Abbau der Krisenschulden durch Beiträge jener, deren Vermögen durch Rettungs- und Konjunkturpakete – von einer nicht wohlhabenden, Steuern zahlenden breiten Allgemeinheit finanziert – gerettet wurden. Da hört sich allerdings bei WKÖ und IV jede Form des Pragmatismus auf,“ schließt Koza.