SPÖ-ÖVP Steuerreform nur wenig geeignet, Beitrag zu Krisenbewältigung zu leisten. Verteilungspolitische Schieflage im Steuersystem nicht behoben.
„Die von SPÖ und ÖVP vorgelegte Steuerreform ist kein Beitrag zur Krisenbewältigung und schon gar keine Steuerstrukturreform, die bestehende Ungerechtigkeiten im Steuersystem beseitigt und den notwendigen sozial-ökologischen Umbau unseres Wirtschaftssystems befördert,“ kritisiert Markus Koza, Vorsitzender der Unabhängigen GewerkschafterInnen im ÖGB und Mitglied des ÖGB-Vorstandes die Vorschläge der Bundesregierung in einer Ersteinschätzung.
Steuertarif begünstigt einkommensstarke Gruppen!
Als positiv bewertet Koza die deutliche Erhöhung der Negativsteuer sowie die vorgesehene automatische ArbeitnehmerInnenveranlagung: „Damit ist gesichert, das tatsächlich jede/r der/die Anspruch auf eine Negativsteuer hat, diese auch erhält.“ Gleichzeitig hätten sich die Unabhängigen GewerkschafterInnen eine deutlich stärkere Entlastung unterer Einkommensgruppen gewünscht: „Gerade aus einer konjunktur- und beschäftigungspolitischen Perspektive wäre die finanzielle Stärkung unterer Einkommensgruppen besonders wichtig, weil hier jeder Euro unmittelbar in den Konsum fließt. Eine Einkommensgruppe, in der auch viele Frauen zu finden sind. So kommt der vorliegende Tarif allerdings einmal mehr vor allem Männern mit höheren Einkommen zugute. Von Halbe-Halbe bei der Entlastung kann jedenfalls nicht die Rede sein.“ Mit der vorliegenden Tarifreform würden jedoch in absoluten Zahlen einkommensstarke Gruppen bevorzugt, Gruppen mit einer deutliche höheren Sparneigung: „Da drohen Nachfrageeffekte in Folge höherer Steuerentlastung zu verpuffen.“ Scharfe Kritik kommt an der Anhebung der Höchstbemessungsgrundlage für den bisherigen Spitzensteuersatz von 50 % von 60.000 auf 90.000 Euro: „Ein teures, unsinniges Steuergeschenk für die Einkommensstärksten 2 bis 3 Prozent der Bevölkerung. Nicht zuletzt, weil diese Gruppe ohnehin von jeder Tarifreform unten, insbesondere auch vom ermäßigten Einstiegssteuersatz profitiert.“
Ökologische Komponente fehlt – Verzicht auf Vermögenssteuern zementiert Steuerungerechtigkeit
Auf klare Ablehnung stößt bei den Unabhängigen GewerkschafterInnen jeglicher Verzicht auf eine Ökologisierung des Steuersystems sowie auf den weitgehenden Verzicht von Vermögenssteuern: „Als gäbe es keine Klimakrise und die Notwendigkeit nach einem sozial-ökologischen Umbau unseres Wirtschaftssystems, verzichtet die Regierung auf jegliche ökologische Komponente in der Steuerreform. Geradezu unverzeihlich ist allerdings der weitgehende Verzicht auf Vermögenssteuern, wie etwa eine umfassende, sozial gerechte Erbschafts- und Schenkungssteuer.“ Vermögenssteuern seien nicht nur aus Gründen der Steuergerechtigkeit dringend notwendig, sondern auch um Handlungsspielräume für notwendige Investitionen zu gewinnen. Koza weiter: „Wir brauchen dringend zusätzliche Mittel für beschäftigungsfördernde Investitionen in Bildung, Arbeitsmarkt und soziale Dienste. Diese können nur aus Vermögenssteuern kommen. Dazu sieht die Steuerreform allerdings nichts vor, vielmehr drohen unter dem nichtssagenden Titel ‚Verwaltungsreform‘ und Förderungskürzungen weitere Einsparungen. So lässt sich weder Steuergerechtigkeit herstellen, noch die Krise überwinden.“
Fragwürdige Gegenfinanzierungsmaßnahmen
Wie überhaupt die veranschlagten Gegenfinanzierungsmaßnahmen in höchstem Maße fragwürdig sind. Der Unabhängige Gewerkschafter: „Natürlich ist es vollkommen richtig und wichtig, gegen Steuerbetrug vorzugehen. Ob allerdings tatsächlich innerhalb kürzester Zeit bis zu 2 Mrd. Euro einbringbar sind, darf allerdings bezweifelt werden. Und aus dieser Reform eine Selbstfinanzierung von 850 Mio. Euro zu erhoffen ist auch ausgesprochen optimistisch.“ Zusätzlich seien in den Budgetpfad Einnahmen eingepreist – wie etwa Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer – die es noch gar nicht gebe. „Da drohen zusätzlich Löcher im Staatshaushalt, die erst einmal gestopft werden müssen,“ warnt Koza.
Kampf um Vermögenssteuern muss weiter geführt werden
Für die Unabhängigen GewerkschafterInnen gilt jedenfalls „Nach der Reform ist vor der Reform“. Koza abschließend: „Der Kampf um eine Steuerreform, die diesen Namen auch tatsächlich verdient und die den sozial-ökologischen Umbau unseres Systems befördert statt verhindert, muss jedenfalls weitergeführt werden. Wir werden uns weiter für Vermögenssteuern, mehr Verteilungsgerechtigkeit im Steuersystem und für eine sozial-ökologische Steuerstrukturreform einsetzen. Sonst drohen weitere Sparpakete und Sozialabbau. Die vorgelegte Steuerreform ist mit Sicherheit nicht die unsere.“