20. Juni 2012

Unabhängige GewerkschafterInnen: „Kein ‚Durchpeitschen‘ des Fiskalpakts durchs Parlament noch vor Sommer!

fiskalpakt stoppenUnabhängige GewerkschafterInnen in ÖGB und AK fordern umfassende politische Diskussion über Auswirkungen des Fiskalpakts


 „Es ist schlichtweg ein demokratiepolitischer Skandal, dass SPÖ und ÖVP noch vor der Sommerpause den Fiskalpakt durch den Nationalrat peitschen wollen – ohne breite, öffentliche Diskussion über die weitreichenden Folgen desselben. Keine parlamentarische Behandlung ohne ausführliche Debatte – das ist die Mindestforderung, die zu stellen ist,“ kritisiert Markus Koza, Vorsitzender der Unabhängigen GewerkschafterInnen im ÖGB und Mitglied des ÖGB-Vorstands entsprechende Pläne der Regierungsparteien.

 

Fiskalpakt: Verstetigte Sparpolitik in der Krise führt weiter in die Krise!


 Der Fiskalpakt stellt einen völkerrechtlichen Vertrag dar, der die unterzeichnenden Staaten zu einer permanenten Austeritätspolitik sowie zu automatischen Korrekturen bei Abweichungen verpflichtet. Zusätzlich entdemokratisiert der Fiskalpakt Budgetprozesse: so ist im Falle eines ‚Defizitverfahrens‘ – und derzeit läuft gegen die meisten EU-Staaten ein derartiges Verfahren – die Übertragung weitreichender Budgetkompetenzen an Rat und Kommission vorgesehen. „Nicht nur, dass der Fiskalpakt unter Umgehung des EU-Parlaments und EU-Vertragsänderungsverfahren beschlossen wurde. Es sollen auch die nationalen Parlamente in ihrem ‚Königsrecht‘, nämlich dem Beschluss über ein Budget, empfindlich beschnitten werden und nur noch das nachvollziehen können, was Kommission und Rat genehmigen. Das ist ein Anschlag auf unsere Demokratie.“ Ökonomisch gesehen sei der Fiskalpakt „ohnehin schlichtweg Wahnsinn,“ so Koza weiter: „Da wird völkerrechtlich ein verpflichtender, permanenter Sparkurs mitten in die Krise hinein festgeschrieben. Das geht klar auf Kosten von Beschäftigung und öffentlichen Investitionen, die es aber braucht, um ein sozial und ökologisch verträgliches Wachstum zu generieren. Dafür drohen im Zeichen des Spardiktats weitere massive Einschnitte in soziale Rechte und sozialstaatliche Leistungen, das geht klar zulasten der ArbeitnehmerInnen und führt auch nicht zu einem nachhaltig wirkenden Defizit- und Schuldenabbau.“

 

 Zusätzlich sei noch nicht einmal bekannt, welche automatischen Korrekturmechanismen denn überhaupt vorgesehen seien: „Mit der Ausarbeitung derselben ist die EU-Kommission beauftragt. Soll der Nationalrat einen Blankoscheck für automatisch wirkende Regeln ausstellen, die er nicht kennt?“, fragt der Unabhängige Gewerkschafter. „Wer die EU-Kommission kennt, kann erahnen, welche Konsolidierungsautomatismen wohl kommen werden: Regelgebundene Kürzungen bei Sozialleistungen, Pensionen, Gesundheit oder die automatische ‚Anpassung‘ von Massensteuern nach oben. Das ‚Einmaleins‘ neoliberaler Wirtschaftspolitik.“

 

 AK und Gewerkschaften müssen auf Aufschub der Beschlussfassung drängen!


 Wenn sich Gewerkschaften und AK schon nicht zu einem klaren NEIN zum Fiskalpakt durchringen können, sollte sich die AK zumindest im Sinne ihrer eigenen Beschlusslagen engagieren: „Die Arbeiterkammer hat zuletzt in der Bundesarbeitskammer ein Aufschieben des Beschlusses über den Fiskalpakt und eine ausführliche Diskussion über die Auswirkungen auf die ArbeitnehmerInnen gefordert. Die AK muss nun entsprechend Druck auf die Regierungsparteien machen, dass es zu keiner übereilten Beschlussfassung und zu einem Nachdenkprozess kommt. Das wäre das Mindeste,“ fordert Klaudia Paiha, Fraktionsvorsitzende der AUGE/UG in der Wiener Arbeiterkammer.

 

 Und Koza schließt: „Während in Deutschland die Gewerkschaft Verdi – immerhin die größte Gewerkschaft Europas – die ParlamentarierInnen klar und unmissverständlich ein NEIN zum Fiskalpakt empfiehlt, während DGB und EGB eindeutig ablehnende Positionen zum Merkelschen Vertragswerk formulieren, können sich die österreichischen GewerkschafterInnen nicht zu einer ablehnenden Position durchringen sondern fordern lediglich die Ergänzung um Beschäftigungs- und Wachstumsmaßnahmen. Das ist die Quadratur des Kreises, Vollbremsung bei Vollgas. Das ist bitter, denn es liegt auf der Hand, was mit dem Fiskalpakt den ArbeitnehmerInnen Europas droht. Irland, Spanien, Portugal und nicht zuletzt Griechenland zeigen, wohin der vorgegebene, übereilte Sparkurs führt.“ Die Unabhängigen GewerkschafterInnen in ÖGB und AK fordern die Ablehnung des Fiskalpakts.