… hat noch nicht die Größe des Funkens, der überspringen könnte.“
Der internationale Tag der Frau 2013 in der EU und in Österreich aus Sicht einer Arbeitnehmerin im öffentlichen Dienst
Unabhängige Gewerkschafterinnen beobachten, dass derzeit feministische Entwicklungen weder in Österreich noch in der EU stattfinden können. Unter dem Zwang von Schuldenbremsen und rigoroser Sparpolitik wird zuallererst ein männlicher Blick auf die Probleme geworfen und die männlichen Lösungsansätze lassen jedwede Frauenförderung außer Acht. Die Machtverschiebung weg von der Demokratie in den Mitgliedsländern hin zu EU-Kontrolleinrichtungen, der Verzicht auf höhere Besteuerung von Eigentum, das sich überwiegend in männlichen Händen befindet, die Forderung nach Verlängerung der Arbeitszeit und eine unglaubliche Vergeudung von menschlicher Arbeitskraft und Kompetenz macht mich als Vorsitzende der Unabhängigen Gewerkschafterinnen im öffentlichen Dienst immer wieder fassungslos.
Krisenmanagement auf Kosten der Frauen und der Arbeitnehmerinnen
In den Führungsebenen ist zu beobachten, dass sich Fantasielosigkeit ausbreitet wie ein Virus. Die Lösung der Finanzprobleme von Unternehmen besteht offenbar darin, dass ManagerInnen sich Prämien holen können für die Produktion von Arbeitslosen – vom Arbeitsmarkt zum Arbeitslosenmarkt. Der Lösungsansatz für finanzielle Sorgen im Dienstleistungsbereich scheint sich dahin zu entwickeln, dass auf Staatskosten bestens ausgebildete Mädchen und Frauen von Maschinen ersetzt werden sollen: virtuelle Postämter und Banken sollen künftig noch mehr Humankapital freisetzen. Unbeachtet bleibt dabei, dass schon jetzt in Österreich mehr als die Hälfte aller Frauen nur noch Teilzeitarbeitsplätze finden können, auch wenn sie selber sehr gern ihre Existenz durch ausreichende Eigenleistungen absichern möchten.
Die andauernde Verschleppung des Ausbaus von Kinderbetreuungseinrichtungen und ganztägigen Schulformen ist Sabotage an der Zukunft unserer Gesellschaft. Im Bildungs-, Kultur- und Wissenschaftsbereich, der vorläufig noch überwiegend zu den öffentlichen Dienstleistungen gehört, wird den betroffenen KollegInnen durch befristete Praktikums- und Projektarbeitsplätze nicht nur jede Möglichkeit einer individuellen Lebensplanung vorenthalten, sondern auch die Lebensverdienstsumme unter das Existenzminimum gedrückt: Kind, Arbeitsplatz oder Mindestsicherung? Was ist das geringere Übel – und was könnten die Männer sonst noch mit uns vorhaben? Das sind Fragen, die sich immer mehr Frauen im 21. Jahrhundert stellen müssen!
Über die Abschaffung eines Begriffs wie „Rabenmutter“ gibt es keine Diskussionen, denn der gendergerechte Umgang mit Sprache ist eine Sache, die gern ins Lächerliche gezogen wird. „Unbezahlte Arbeit“, „ehrenamtliche Tätigkeiten“, „Gemeinwohl- oder Beziehungsarbeit“ sind moderne Worthülsen für die diskriminierende Tatsache, dass „Mann“ besser Frauen kein Geld in die Hand gibt. Verführt von den neuen Medien könnten sie den Herd auskühlen lassen und ihren Frust im Shoppen ertränken oder sich kränken, bis sie so krank werden, dass sie ohne Pflegehilfe für sich selbst ihre Männer nicht mehr bis ins hohe Alter umsonst pflegen können.
Die neoliberalen Wege aus der Krise bringen Sozialabbau und Arbeitslosigkeit und führen alle bisherigen emanzipatorischen Bewegungen ad absurdum. Ich frage mich, wann die von uns gewählten Regierungen mit der Umsetzung einer Gleichstellung beginnen werden, die seit langem auf geduldigem Papier steht. Wenn der letzte Baum gefällt ist, der letzte Tropfen Benzin verbraucht, der letzte Computer abgestürzt sein wird und alle Atomkraftwerke uns selber das Strahlen ersparen werden?
„Frauenräume“ in allen öffentlichen Einrichtungen!
Als gewerkschaftlich aktive und politisch noch immer interessierte Frau schlage ich vor, dass noch 2013 mit einem konkreten Projekt der Frauenförderung ein Anfang gesetzt wird:
Im Zuge des von der Regierung angekündigten Umbaus von Schulen für ganztägige Schulformen und bei der Errichtung von öffentlichen Gebäuden und Plätzen werden „Frauenräume“ eingebaut – in Schulgebäuden etwa ein Raum im Eingangsbereich, groß genug für eine freundliche Ausstattung – dort kommen regelmäßig Beraterinnen aus allen Bereichen hin, die den Frauen die Möglichkeit bieten ihr Leben auf dem Land, im Stadtbezirk, in Familien, im Beruf, in Österreich und überall in die eigenen Hände zu nehmen und in den öffentlichen Raum zu erweitern. Diesen Schritt zur Emanzipation, den wünsche ich uns!
Beate Neunteufel-Zechner vom Vorsitzteam der Unabhängigen GewerkschafterInnen in Österreich zum Internationalen Frauentag 2013